Es ist schon verrückt. In den letzten 3 Tagen ist soiel passiert: hier ein kurzer Überblick: Gletscher durch einen Regenwald bestiegen, Silvester zu zweit bei Vollmond am Strand verbracht, An einem Tag von Schnee durch Regen in strahlende Sonne gefahren, einen gruseligen Film in einem Kino bestuhlt mit Sofas, Sesseln und einem Auto (!!!) gesehen und heute weiter in die erste Unterkunft, die meiner Meinung nach den Titel Home away from home wirklich verdient.
Aber jetzt erst mal langsam:
Der Gletscher:
Nachdem die geplante Tour um 3 Uhr ja nicht stattgefunden hat (Bild berichtete) haben wir am letzten Tag des Jahres die 'Ersatztour' gemacht. Eigentlich auch kein schlechter Jahresabschluss. Also um 11 Uhr morgens nach dem Frühstück zeitig zum Veranstalter gewackelt, um pünktlich (wie ungewöhnlich) mit der Sicherheitsinformation anzufangen. Nach ein paar grundlegenden Informationen und dem Verteilen von Schuhen, Socken und Steigeisen ging's auch schon in den Bus und ab Richtung Fox Glacier. Interessante Informationen über den Gletscher und seine Ausdehnung, Gletscher im Allgemeinen, totes Eis und die Pflanzen im Regenwald direkt neben dem Gletscher auf dem Weg nach oben sind wir nach 90 Minuten auch schon an dem Punkt, an dem die Steigeisen angelegt werden. Wir werden auf's Eis geführt, aber glatt ist anders. Sauber auch, es ist blau statt weiß, sehr Steinig und erinnert mich wegen der kleinen Eisstückchen stellenweise an einen riesigen Cocktail (ohne den Alkohol, aber naja). Die Aussicht ist atemberaubend, das Erlebnis ebenfalls (wenigstens etwas, was mich an Silvester an die bekannten Verhältnisse zuhause erinnert) und dann ist die Tour auch schon wieder vorbei, nachdem es den selben Weg durch den Regenwald zurückging. Also ab ins Auto, duschen und weiter in den Süden, aber nicht, ohne ein Souvenir zu kriegen – eine 'Ich habe den Fox überlebt' Karte, lustig. Aber weiter im Text
Neujahr:
Nach etwa 100km haben wir, nach der herben Enttäuschung über die Realitätsnähe der neuseeländischen Hotelbranche, was Preise im Hinterland betrifft, einen Stellplatz für unseren Van gefunden: direkt am Strand, keine Menschenseele in Sicht, Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt – herrlich. Einziger Nachteil: kein Handyempfang in einem Umkreis, den ich nicht für möglich gehalten hätte. Ebenfalls fehlten Telefonzellen, das wurde aber erst am nächsten Tag zum Problem. Erstmal Silvester mit teurem Sekt, aber alleine in der Wildnis feiern (also zu zweit alleine) Dazu mussten wir irgendwann festlegen, dass das neue Jahr jetzt wohl begonnen haben muss (nachdem fast alle unsere Uhren eine andere Zeit angezeigt haben und wir einfach nichts mitgekriegt haben). Ein komisches Gefühl zu wissen, dass alle anderen noch bis zu 23 Stunden warten müssen und wir schon drin sind in 2010. Am nächsten Tag wollten wir zuhause anrufen, was aber nicht ging: kein Empfang, kein Telefon, kein Mensch in Sicht, also suchen. Die erste Telefonzelle ging nicht, da sie auf Privatbesitz in einem Holiday Park stand, also umweltschonend 25 km weiter fahren, um endlich unseren Familien ein frohes neues Jahr zu wünschen.
Hiermit an alle anderen: FROHES NEUES JAHR!
Der Abend:
Nachdem wir herausfinden mussten, dass es in dem kleinen Örtchen Wanaka kein Zimmer mehr unter 120$ (also 60 €) gab, haben wir uns eben einen Campingplatz gesucht. Vor unserer Nachtruhe musste allerdings ein Besuch im örtlichen Kino sein, obwohl wegen Feiertag alles 15% teurer war, denn dieses Kino genießt einen besonderen Ruf. Es steht sogar im Lonely Planetreiseführer und das zurecht: Ein relativ unscheinbares Foyer entpuppt sich als Eingangshalle zu etwas ganz besonderem – ein Kino der Sonderklasse. Hinter der Theke (an der wir statt Tickets schon 3 Stunden vor Aufführung nur noch einen Wartelistenplatz gekriegt haben) eine Küche in der emsig Pizzen und Cookies vorbereitet werden – für die Pause während des Films der gerade läuft, es gibt ja nur einen Saal. Als dieser aufgeht, bin ich besonders gespannt, da ich schon einiges davon gehört habe: Ausgestattet mit Sofas, Sesseln, einer Sitzreihe aus einem Flugzeug und sogar einem Auto, das Sitzmöglichkeiten bietet, stellt dieser Saal alles, was ich kenne in den Schatten. So wird Kino zum Erlebnis. Nachdem dann später alle zahlenden Gäste ihre Plätze ausgesucht hatten, kamen wir tatsächlich auch noch rein und haben uns 'Paranormal Activity' angesehen, was nicht sonderlich gut für meine Nachtruhe war, nun ja, was soll man machen, das Kinoerlebnis war die kurze Nacht definitiv wert, sowas sollte es in Deutschland auch geben.
2. Tag des Jahres:
Morgens früh raus zur iSite, erfolglos nach Duschen fragen, um danach in ein riesiges Labyrinth einzutauchen und optischen Illusionen zu verfallen, dass es nur so kracht. Danach feststellen, dass der Wanderweg zu weit weg ist. Dass sich der Schotterweg lohnen könnte der rutschiger ist, als Eis auf der Straße, anderen Wanderweg ausgesucht, gesonnt und weitergefahren, um jetzt hier zu sitzen. Eine in ein Hostel aufgestockte Farm mit Charme. Riesige Panoramafenster lassen herrliche Blicke auf die umliegenden Berge und dahinter den Sonnenuntergang, der zuhause in Deutschland just in diesem Augenblick den Sonnenaufgang bedeutet während der Gastgeber neben mir Klavier übt. Unter einem Kronleuchter in einer Einrichtung, die deutscher nicht sein könnte. J hat sogar ein Räuchermännchen entdeckt, das er von zuhause kennt und der Stil der Bilder an der Wand erinnert mich gewaltig an die meines Großvaters. Wahrlich ein 'Home away from home' – ein zuhause, weit weg von zuhause. Nur die Sonne hinter dem Berg ist jetzt näher dort, wo ich bald auch wieder sein werde. Daran muss ich nun immer öfter mit einem lachenden und einem weinenden Auge denken. Bis dahin genieße ich die Zeit neben dem Klavier unter dem Kronleuchter und sage bis zum nächsten Internetlogin
Adieu
Der gletschernde Kinobesucher neben dem Klavier